Freitag, 18. Juni 2010
Allez les bläh!
1998 beschlossen zwei Mädchen eines Nachmittags in einem beschaulichen, schwäbischen Städtchen, in dem sie auf das Gymnasium gingen, Frankreich, Schottland und Jamaika während der kommenden Weltmeisterschaft zu unterstützen. Jamaika, da eine der beiden Mädchen selbst einen sportlichen Erfolg mit der Insel verband. Schottland, da dort einer ihrer Lieblingsschauspieler herkam. Frankreich...eigentlich habe ich keine Ahnung was uns geritten hatte, Frankreich zu unterstützen, aber es sollte sich dann herausstellen, dass wir auf das richtige Pferd gesetzt hatten.
Da sowohl Schottland als auch Jamaika die Vorrunde nicht überstanden, konzentrierten wir uns dann ganz auf "les bleus". Schnell konnten wir französische Schlachtgesänge grölen und damit jeden in der Klasse niederschreien, wenn notwendig.
Heute, über zehn Jahre später, bin ich aus der "Deutschland-ist-doof-ich-feuere-andere-an" Phase erstens draußen. Außerdem kann man unsere Mannschaft auch ruhigeren Gewissens anfeuern, ohne sich dafür ständig entschuldigen zu müssen, da die Jungs doch meist ganz anständig spielen. Naja, bis auf heute. Dabei war das bei weitem nicht so schlimm, wie in ihren schlimmsten Tagen, wo man sie am Liebsten vom Platz schieben wollte und nur mit den Händen vor dem Gesicht ein Spiel ertragen konnte. Dennoch, es hätte besser laufen können. Aber vielleicht dachten sich die Jungs, dass es Ehrensache ist so durchs Turnier zu stolpern, wie der Rest der Favoriten.
Die Brasilianer hatte wohl in ihrem ersten Spiel eine Wette laufen, dass sie gewinnen könnten, auch wenn alle Spieler insgesamt nicht mehr als zehn Schritte gingen. Vielleicht waren sie auch am Boden festgefroren. So genau war das nicht zu erkennen. England machte mal wieder, was sie so am Besten machen. Jemanden ins Tor stellen gegen dessen Philosophie es zu verstoßen scheint, nicht zumindest einen eklatanten Fehler zu begehen. Die Argentinier gewannen zwar, aber wenn man bedenkt, dass die sich und vor allem ihr Trainer Diego "die Hand Gottes" Maradona sie in die nächste Galaxie gelobt hatten, war ihre Chancenauswertung äußerst unbeeindruckend. Spanien verlor dann ihr erstes Spiel gegen die Schweiz. Die Schweiz! Obwohl ich ja sagen muss, ich habe mich riesig für unsere Nachbarn gefreut, da sie sich auf gut deutsch den Arsch dafür aufgerissen hatten. Und naja, die Italiener waren nicht so eine große Überraschung. Die haben das, "ich-stolpere-mich-ins-Finale" noch mehr verinnerlicht, als wir Deutschen zu unseren besten Zeiten.
Nur die Deutschen legten mal einen beeindruckenden Start hin. Und bekamen dann wohl Angst vor ihrer eigenen Leistung und beschlossen mal flugs gegen Serbien zu verlieren. Okay, Serbien war auch nicht so übel, aber das habt ihr jetzt nicht von mir. Immerhin können wir uns trösten, dass noch alles offen ist und das nächste Spiel bestimmt wieder besser laufen wird.
Bei den Franzosen hilft wohl selbst das nicht mehr. Denen gegen Mexiko zu zusehen zu müssen, grenzte an Körperverletzung. Dass die nicht anfingen sich auf dem Rasen eine Zigarette an zu zünden und den vorbeikommenden Mexikanern schulterzuckend den Weg zu ihrem Tor zu zeigen, war wohl alles. Es war vor allem so unterirdisch, schrecklich, grauenhaft und geradezu unverschämt, wenn man an die Leistungen dachte zu denen die eigentlich starke Fußballnation Frankreich noch vor vier Jahren fähig gewesen war. Jetzt scheint es so, als hätte sie jemand auf den Platz getragen und dort stehen gelassen. Man könnte fast sagen Frankreich sind die Vuvuzellas dieser WM. Wie diese bienenscharmartige monotone Geräuschkulisse, genauso nervt es den Blauen beim Rumstehen auf dem Platz zusehen zu müssen. Jemand möge sich erbarmen und sie aus dem Turnier schmeißen. Am Besten mit diesen Tröten, auf denen man den gesamten Rückflug spielen sollte, um den Spielern, samt Trainerstab akustisch vorzuführen, was sie uns und vor allem den armen Fans daheim visuell angetan haben. Damit wäre dann der Gerechtigkeit genüge getan.
Und wir könnten uns in Zukunft über hoffentlich bessere Spiele freuen und wieder nationale Stereotypen, Gewaltandrohungen oder minder kreative Reime auf Spieler gegrölt genießen. Eigentlich war dies sogar etwas Positives am Spiel Frankreich - Mexiko. Nicht nur haben sich die Mexikaner wie kleine Kinder an Weihnachten über ihren Sieg gefreut und dass hat sogar einen alten Frankreich-Fan wie mir ein Lächeln ins Gesicht gefreut, ihren Fans war es doch tatsächlich gelungen das merkwürdige Brummen einfach niederzugrölen.
Also, Devise für die nächsten Spiele ist erstens, strengt euch an Jungs, und damit meine ich alle Teams und nicht nur Außenseiter oder nur für ein Spiel, sonst dürft ihr mit Vuvuzella-Gesang nachhause und darüber nachdenken was ihr den armen Zuschauern angetan habt. Und zweitens an die Fans vor Ort: Schreit euch den Frust über die meisten Spiele einfach von der Seele, dann klappts auch mit der Geräuschkulisse.
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