Montag, 24. Mai 2010

Was geht, Bro? oder "Einer großangelegten Verschwörung auf der Spur"




Ich hasse es ja so zu klingen, als hätte ich das Wirtschaftswunder selbst mit aufgebaut und würde jetzt mit meinem Dackel Waldi und meinem Hass auf die neue, moderne Welt mich jeder neuen Entwicklungen verweigern. Und ich verwehre mich dagegen, dass früher alles besser war und dass die Kultur, die Menschen und prinzipiell die Menschheit sich im Untergang befinden.

Besonders, wenn ich die vielen Klagen über das so genannte Neu-Deutsch höre, rollen sich meine Zehennägel auf. Erstens, weil viele sich anscheinend nie die Mühe gemacht haben sich eine sprachgeschichtliches Buch zu Gemüte zu führen, bevor sie anfingen über die Verhunzung der schönen deutschen Sprache zu jammern. Und Zweitens, weil die Klagen meistens so übergeneralisiert werden, als würde plötzlich jeder plötzlich so sprechen, wie der Typ den man neulich in der Straßenbahn am Handy zuhören musste. Was zugegebenermaßen an akustischer Belästigung grenzte.

Aber wenn mir eine Freundin von einem Mann erzählt, der ihre Beziehung als "homies" definiert, da kann ich nicht anders, setze meine ultradicke Nostalgie-Brille auf und schwinge meinen Gehstock wütend.

Homies? Wenn ich homies höre, dann denkt das Landmädchen in mir erstmal an die Bronx in New York und ich stelle mir meine Freundin dann dabei vor wie sie mit ihrem "homie" mit einer gezückten Knarre arme Passanten überfällt, um danach einen Zigarettenautomaten einzutreten, um dann die gestohlenen Zigaretten auf dem Schwarzmarkt zu verticken (verkaufen ist nur etwas für loser ;) ) Dennoch glaube ich - und hoffe inständig - dass das nicht unter homies zu verstehen ist.

Homies ist wohl ein neues Code-wort für "Lass uns Freunde sein". Vielleicht meint derjenige ja, es klingt besser, als das gute alte "Freundschaft", aber was zur Hölle stimmt nicht an Freundschaft? Ist doch eigentlich ein tolles Wort und umschreibt in seinem Fall genau was er empfindet. Zwei Menschen, die eine Beziehung zueinander haben, ohne dass dabei romantische Gefühle im Spiel sind. Oder meint er einfach, "Lass mich in Ruhe" und er meint, wenn er das mit einem neuen Wort umschreibt, dass das diejenige nicht sofort merkt? Was gelinde gesagt, extrem schwachsinnig wäre. Und da heißt es Frauen sagen nie genau was sie wollen.

Zurück zu den Homies. Das erste "Warum? Warum??"-Erlebnis hatte ich in der Schule. Damals faselten die Referendare plötzlich vom "Overhead". Und zeigten dabei auf den guten alten Tageslichtprojektor. Ich habe mir sagen lassen, dass Overhead diese Maschine viel genauer beschreibt, aber wer hat jemals bei Tageslichtprojektoren versucht herauszufinden, wie das Tageslicht in diesem Ding gebündelt werden?

Ich bin nicht grundsätzlich gegen neue Wörter, aber wie wäre es mit Wörtern, die ein Konzept genauer umschreiben können, als unsere eigene Sprache. "Join" ist ein wunderbares Wort. Meine Freunde und ich haben uns immer in der Mensa gejoint. Damit wusste jeder, dass jemand nachkam und der Rest schon reingehen konnte. Join ist da doch viel kürzer. Dagegen bei "facility manager" muss man meistens "Hausmeister" dransetzen, weil sonst kaum einer eine Ahnung hat was darunter zu verstehen ist. Wer jetzt denkt, dass das böse Englisch daran Schuld ist, dass unsere Sprache den Bach heruntergeht, der sollte sich mal ein paar politisch motivierte Neologismen zu Gemüte führen, die einem die Haare zu Berge stehen lassen.

Am Meisten gefällt mir immer noch die "fahrende Minderheit". Nein, damit sind nicht Holländer gemeint, sondern Sinti und Roma. Ich verstehe durchaus, dass Zigeuner ein problematischer Begriff ist. Als wir das zum ersten Mal gelesen habe, dachten meine Freunde und ich, dass man diese Bevölkerungsgruppe doch eigentlich besser "ex-mobile Minderheit" nennen sollte. Oder vielleicht "ehemalige fahrende Minderheit". Das kommt davon, wenn man Linguistik studiert.

Eigentlich...vielleicht sind das alle Linguisten, die in einem geheimen Labor an diesen merkwürdigen Sprachauswürfen basteln. Dann bringen sie diese Wörter in einem großangelegten Plan unter die Bevölkerung, um zu beobachten was passiert, um dann endlich ihre große, bahnbrechende Studie über Sprachwandel schreiben zu können. Ich glaube ich bin hier etwas auf der Spur.

Und da Linguisten eigentlich "evil geniuses" sind, ist das ein großangelegter Plan unsere Gesellschaft in ein gigantisches Sprachlabor zu verwandeln, um ihre bösartigen Studien in der Öffentlichkeit durchführen zu können. Be afraid, be very afraid!

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